Sprungbrett "Spanische"

02.05.2024 - Florian Bacher wechselte 2018 von der Spanischen Hofreitschule in die Selbstständigkeit und ist seitdem eine fixe Größe in Österreichs Dressurteam. Dass Florian Bacher schon früh für Pferde Feuer fing, kam nicht überraschend. Sowohl seine Mutter als auch sein Vater waren vom Reitsport begeistert und hatten am Althof in Frauenkirchen immer um die drei bis fünf Pferde eingestellt. Nach vielen schönen Stunden mit den Eltern im Stall war die logische Konsequenz, dass Florian reiten lernen wollte – und dafür wurde ein geeignetes Pony angeschafft. Da war er sechs Jahre alt. Bald übte er aber auch mit Freude und Ausdauer im Sattel der Großpferde. Die Pferderevue hat den 38-Jährigen ausführlich porträtiert.


Kindheitstraum

Mit elf Jahren dann hatte Florian ein einschneidendes Erlebnis: Eine Freundin seiner Eltern schenkte ihm eine Videoaufnahme der Spanischen Hofreitschule in Wien. „Als ich die Reiter und Pferde dort gesehen habe, war für mich sofort klar, dass das genau das war, was ich machen wollte“, erzählt Florian Bacher. Die Mutter nahm den Wunsch ihres Sohnes ernst: Wenn er wirklich die Aufnahme in die „Spanische“ schaffen wollte, würde er professionelleres Training brauchen. Man wurde alsbald fündig, und zwar bei Arthur Kottas-Heldenberg am Tulbingerkogel im Wienerwald. „Das war für mich als Elfjährigen schon sehr beeindruckend – fast ein Kulturschock! Schließlich bin ich bis dahin nur freizeitmäßig geritten. Es war aber toll, eine so gute Ausbildung zu genießen und die Möglichkeit zu bekommen, viele verschiedene gute Pferde zu reiten.“

So viel gelernt

Denn Florians Fokus lag zu der Zeit woanders, nämlich auf dem Eintritt in die altehrwürdige Bewahrerin der klassischen Reitkunst – die Spanische Hofreitschule. Das Vorreiten bei der Aufnahmeprüfung hat er als gar nicht so schwierig in Erinnerung. Als viel schwerer aber seine ersten Monate als Eleve, in denen er ehrfürchtig und nervös bemüht war, jeden Fehler zu vermeiden, gefühlt aber in jedes Fettnäpfchen trat, das erreichbar war. „Es war am Anfang schon eine harte Schule – und wie überall gab es sehr schöne und auch nicht so schöne Zeiten“, erinnert sich Bacher. „Aber ich möchte diese Zeit nicht missen. Ich habe so viel von den unterschiedlichen Reitern lernen können. Ich habe immer genau beobachtet, um mir von jedem das Beste abzuschauen, und mich bemüht,
es dann auch selbst so hinzubekommen.“ Schon als Jugendlicher war Florian bei Turnieren nie sonderlich nervös gewesen, die vielen Vorführungen, die er in der „Spanischen“ ritt, und die ständigen Präsentationen vor Publikum trugen zudem zu jener Nervenstärke bei, von der er heute bei Championaten und anderen Großveranstaltungen profitiert. Ganz besondere Lehrmeister waren in seiner Laufbahn vom Eleven über den Status des Bereiter-Anwärters bis hin zum Bereiter die Lipizzaner. „Die Arbeit mit den Pferden war sehr schön. Im Gegensatz zum Profisport, wo man schlussendlich alle Pferde auf Grand-Prix- Niveau bringen muss, hatten wir in der Spanischen Hofreitschule den Vorteil, dass wir die Pferde auf verschiedene Programmpunkte spezialisieren konnten. Da war man gefordert, sich zu überlegen, was zu welchem Pferd besser passt, und musste im Training auch kreativ werden, um aus den Begabungen des Pferdes das Beste zu machen.“

Ein neuer Weg

Dennoch kam nach etwa 16 Jahren im jungen Wiener Bereiter immer wieder der Wunsch auf, sich selbstständig zu machen. Seit er Bereiter-Anwärter war und wieder auch außerhalb der Hofreitschule reiten durfte, nahm er privat an Turnieren teil – und die machten ihm wie in seinem Leben vor der „Spanischen“ viel Spaß. Auch hatte er sich als Trainer bereits einen Namen gemacht und war häufig im Ausland für Kurse und Lehrgänge unterwegs. „Ich habe über zwei Jahre lang gehadert, ob ich bleiben oder die Schule verlassen soll. In dieser Zeit konnte ich mir aber einen immer größeren Kundenstock aufbauen und erhielt immer mehr Anfragen für Kurse im Ausland, sodass ich mich 2018 dazu entschloss, mich als Trainer, Reiter und Ausbilder selbstständig zu machen.“ Heute, mit 38 Jahren, hat sich Bachers Leben privat, beruflich und auch reiterlich stark verändert. Mit seiner Frau Verena, mit der er seit 2016 verheiratet ist, hat er eine Familie gegründet, in der die sechsjährige Clara und der dreijährige Clemens tragende Rollen spielen. Auch die beiden Kinder sind absolut pferdebegeistert und freuen sich, wenn sie in den Stall mitkommen dürfen.

Im Herbst 2022 ist Florian Bacher mit seinen neun Beritt- und fünf eigenen Pferde nach Lanzendorf in Niederösterreich übersiedelt. Am Gut Fabricius hat er einen Stalltrakt gemietet, wo er die Pferde vier- bis fünfmal pro Woche reitet und sein Pfleger, der professionelle Springreiter Lajos Szikszai jun., das Ausgleichsprogramm wie Longieren, Cavalettiarbeit oder Ausreiten übernimmt. „Die Firma würde nicht so gut laufen, wenn sich nicht auch meine Frau stark einbringen und einen Teil des Managements übernehmen würde. Sie arbeitet sehr viel hinter den Kulissen und übernimmt die Pferde, wenn ich nicht da bin. Ohne ihre Hilfe und Unterstützung wäre das alles nicht möglich. Dabei ist sie mit ihrer eigenen Arbeit und den Kindern schon immens eingesetzt.“ Aber auch Bacher trägt natürlich seinen Teil bei: Seine Arbeit im Stall kann erst beginnen, wenn der Nachwuchs gut im Kindergarten angekommen ist. Und sobald die Kids wieder zu Hause sind, geht er voll in seiner
Vaterrolle auf.

Steil nach oben

Bacher hat einen im Turnierzirkus sehr bekannten und geschätzten Trainer – den britischen Erfolgsreiter Carl Hester, den er auf einer Tournee mit der Spanischen Hofreitschule kennenlernte. Bald danach kam ein Anruf, bei dem Hester Florian Bacher bat, bei einer
Convention in England die Piaffe und Passagearbeit an der Hand zu demonstrieren. Für dieses Training wurde er später auch in Hesters Stall eingeladen, um seine und Charlotte Dujardins Pferde zu fördern. Und so entwickelte sich eine gute Freundschaft. „Wir sind immer noch in Kontakt, und wenn wir einander auf Turnieren treffen oder Carl zufällig einmal in Österreich ist, ist er immer so nett und hilft mir. Er selbst ist ja auch viel unterwegs, deshalb findet das Training nicht regelmäßig statt. Ich reite die meiste Zeit alleine, aber wenn meine Frau Zeit hat, gibt sie mir Feedback. Manchmal frag’ ich aber auch meinen ehemaligen Kollegen, Oberbereiter Herbert Seiberl, ob er einmal vorbeikommen und drüberschauen kann.“ Sein Championatspferd Fidertraum OLD hatte sich eigentlich Verena als Nachwuchspferd gekauft. Mit viereinhalb Jahren übernahm ihn aber dann ihr Mann – fast ein bisschen geklaut hat er ihn, wie er selbst lachend zugibt. „Fidi ist ein gutes Pferd, aber sicher kein Lampenaustreter. Aber er hat eine so tolle Einstellung – sonst wäre es nicht möglich gewesen, dass wir uns jedes Jahr steigern konnten. Er ist so brav und menschenbezogen – fast wie ein Hund. Er fragt auch beim Training nicht wie andere Pferde ständig nach, sondern versucht immer, alles richtig zu machen.“

Und das ist dem Wallach mit seinem Reiter auch immer gelungen. Gleich 2019 konnte Florian Bacher mit ihm auf der Europameisterschaft in Rotterdam (NED) erstmals bei einem Championat für Österreich starten. Platz 30 im Grand Prix und Platz 28 im Spécial waren achtbare Ergebnisse. Als Draufgabe folgte im September 2019 mit der Kürmusik von Trainer Hester der Österreichische Staatsmeistertitel. Auf der EM in Hagen (GER) 2021 waren es dann schon die Plätze 22 und 21 plus Rang acht mit dem österreichischen Team. Auch für die Olympischen Spiele in Tokio 2021 konnte sich das Erfolgspaar qualifizieren und erreichte dort den 30. Platz im Grand Prix. Von der Weltmeisterschaft im dänischen Herning 2022 kamen die beiden dann als bestes österreichisches Paar zurück – Rang 20 im Grand Prix und Rang 18 im Spécial waren die Ergebnisse. Den Einzug in die Kür hatte das Duo nur knapp verpasst. Nach diesem Erfolg standen erst einmal der Hausumbau und der Umzug der Pferde in den neuen Stall im Vordergrund, also konnte Fidertraum eine ausgedehnte Turnierpause genießen. Doch gleich zu Beginn 2023 meldete er sich mit seinem Reiter in Basel mit einem Paukenschlag zurück: Platz acht mit knapp 73 % im Grand Prix und ausgezeichnete 78,07 % für eine gelungene Kür. Das bedeutete Rang sieben im stark besetzten Feld des Fünf-Sterne-Weltcupturniers.

Große Ziele

Wie schafft es aber ein moderner Dressurreiter, vier Jahre in Folge mit nur einem einzigen Spitzenpferd durchgehend für Championate qualifiziert zu sein und dort erfolgreich zu performen? Eine ganz wichtige Prämisse für seine Arbeit hat sich Florian Bacher aus der Spanischen Hofreitschule in die Ausbildung seiner Sportpferde gerettet: „Das Pferd gibt die Zeit vor. Ich will mich bei der Ausbildung nicht drängen lassen. Das versuche ich auch außerhalb der Spanischen Hofreitschule zu leben und habe mich da nicht verändern lassen.“ Ganz wichtig ist ihm auch, eine gute Balance zwischen Training und Ruhephasen zu finden. Gerade weil er (noch) keine großen Sponsoren hat, sondern alles durch eigene Arbeit finanziert, muss er sehr bedacht darauf sein, dass die Pferde gesund bleiben. „Auch das kommt vielleicht aus der Spanischen. Bei den vielen Vorstellungen, die zu reiten waren, mussten wir im Training darauf achten, die Hengste bis ins hohe Alter gesund zu erhalten und sie außerdem bei Laune halten.“ Trotzdem hat Florian Bacher weiterhin große sportliche Ziele – und sein Weg dorthin folgt einem Plan.

Bei der Europameisterschaft in Riesenbeck (GER) 2023 qualifizierte sich Bacher gemeinsam mit Victoria Max-Theurer, Christian Schumach und Stefan Lehfellner mit Rang sieben für die Olympischen Spiele in Paris 2024. „Es ist in den letzten Jahren ein positiver Ruck durch den österreichischen Dressursport gegangen. Es sind fünf bis sechs Leute, die immer wieder international positiv auffallen, und auch die Pferde werden immer besser“, so Bacher. Ob es der 38-Jährige nach Tokio erneut zu den Olympischen Spielen nach Paris schaffen wird, hängt von der internen Qualifikation ab, die im Juni im idyllischen Schlosspark-Viereck von Achleiten abgeschlossen wird.

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